Rumpelstilzchen-Alltag in Zeiten der Corona-Krise

Seit dem 17.3.2020 sind alle Schulen, Bildungs- und Kultureinrichtungen in Baden- Württemberg geschlossen. So auch der Kindergarten Rumpelstilzchen. Wie überall sehen sich auch hier in Neckargemünd die Eltern plötzlich mit der Frage konfrontiert: „Wie betreue ich mein Kind/meine Kinder? Wie beschäftige ich sie? Wie schaffe ich den Spagat zwischen Homeoffice, Homeschooling und Homekindergardening?“ Mittlerweile befinden wir uns in der 3. Woche nach der Schließung und jeder hat für sich Ideen und Lösungswege unterschiedlichster Art gefunden, mit dieser sehr besonderen Situation umzugehen. Wie sieht er denn nun aus, der Kindergartenalltag, wenn der  Kindergarten gar nicht geöffnet sein darf?

Bei den meisten Familien, in denen es ältere, schulpflichtige Geschwister gibt, wird vormittags zunächst einmal die Schularbeit erledigt. Die Kindergarten-Geschwisterkinder spielen währenddessen, sie malen und basteln, während meist die Mütter zwischen den Kindern hin- und herspringen und Hilfestellung und Unterstützung anbieten, wo sie gebraucht wird. Ein ziemlicher Spagat, der bei mehreren Kindern in unterschiedlichen Altersstufen und mit völlig verschiedenen Bedürfnissen schnell zur Zerreißprobe werden kann.

Nach den Schularbeiten fängt normalerweise die Freizeit an – vor dem 17. März bedeutete das, Freunde auf dem Spielplatz zu treffen, auf der Strasse mit den Nachbarkindern zu spielen, zum Training auf den Fussballplatz oder in den Sportverein zu gehen oder aber in die Musik- , Mal- oder Tanzschule. Alles lief seinen gewohnten Gang. Seit dem 17. März mussten neue Ideen der Freizeitgestaltung gefunden und neue Gewohnheiten etabliert werden. Seitdem heißt Freizeit: Ausflüge in den Wald machen, noch mehr malen, basteln, puzzlen und Gesellschaftsspiele spielen. Es heißt für viele Kinder aber auch, mehr Medienzeit zu bekommen und dass die Oma Bilderbücher nicht mehr auf dem Sofa vorliest sondern via der App FaceTime.

Freizeit heißt jetzt im Garten sein, wenn man einen hat, und dort neue Projekte angehen – ein Gartenhaus bauen, neue Beete oder einen Gemüsegarten mit den Kindern anlegen. Besonders ärgerlich ist es da, wenn die Nachbarn wenig Verständnis für spielende Kinder und den dabei entstehenden Geräuschpegel haben. Freizeit heißt jetzt aber auch für viele, mehr Zeit füreinander zu haben, zum Lesen, Kuscheln, Hörspiele hören und weniger Stress zu haben, da keine Notwendigkeit mehr besteht, von einem Nachmittagstermin zum nächsten zu hetzen. Es entstehen neue Gewohnheiten – so zum Beispiel auch in vielen Familien, dass die Kinder viel mehr in die Haushaltsarbeiten wie Putzen, Kochen und Backen mit einbezogen werden und sogar Spaß daran finden.

Ebenso beobachten derzeit viele Eltern von Rumpelstilzchen-Kindern, dass die Geschwister untereinander viel friedlicher und harmonischer miteinander spielen. Wo es früher oft zu Streitereien und Kämpfen kam, entdecken die Kinder plötzlich neue Spielmöglichkeiten miteinander.

Am Abend, wenn ein weiterer Tag im Familienkreis zu Ende geht und die Kinder endlich im Bett liegen, fängt für manche Eltern der Arbeitstag erst an, denn nur jetzt ist es möglich, in Ruhe Mails zu beantworten und das nachzuarbeiten, was tagsüber im Homeoffice liegen geblieben ist. An ein Durchschnaufen ist noch nicht zu denken, dabei ist schon tagsüber alles viel geballter und ohne Pause. Alles, was sich vorher zumindest halbtags auf Kindergarten und Schule verteilt hat, findet jetzt zu Hause statt und ist weit anstrengender, als das so mancher gedacht oder erwartet hat.

Auch bei den Erzieherinnen des Kindergartens Rumpelstilzchen haben sich neue Gewohnheiten etabliert. Team-Besprechungen werden per Video-Chat abgehalten, Elterngespräche werden am Telefon geführt, die Arbeitszeit wird für Aufgaben genutzt, die sonst im Kindergartenalltag viel zu kurz kommen, wie z.B. die Überarbeitung des Hygieneplans und das Erstellen eines Qualitätshandbuches. Auf die Frage, wie sie den Kontakt zu den Kindern auch in dieser außergewöhnlichen Zeit gut halten können, haben die Erzieherinnen eine besondere Antwort gefunden: sie haben einen Frühlings-Newsletter herausgebracht. Er erscheint wöchentlich, erreicht die Eltern per E-Mail und ist auch hier auf der Homepage des Kindergartens und auf facebook veröffentlicht. Der Newsletter beinhaltet Fotos aus dem Kindergartenalltag, Spielideen für Drinnen und Draußen, österliche Bastelvorschläge, spannende Experimente und Noten von Frühlingsliedern, die die Kinder vom Stuhlkreis her kennen. So kommt der Kindergartenalltag wenigstens ein kleines bisschen zu jedem Kind nach Hause.

Auch für das Projekt unserer Anerkennungspraktikantin Julia, das trotz Corona-Krise weitergehen muss, ist eine tolle Lösung gefunden worden: statt im direkten Kontakt mit den Kindern das Thema Pferde zu weiter zu erarbeiten (kurz vor der Schließung des Kindergartens war die Projektgruppe noch gemeinsam einen ganzen Vormittag lang im Reitsportzentrum Dilsberger Hof) gibt es jetzt eine Projekt-Mappe, mit Vorlese-Geschichte, Pferde-Memory und vielem mehr rund um das Thema Pferde.

So sieht er also aus, der Kindergartenalltag ohne geöffneten Kindergarten. Voller neuer Ideen, voller neuer Herausforderungen, denen alle sich täglich stellen und voller Elan, die Zeiten des social distancing trotz allem gemeinsam und miteinander durchzustehen.