Liebe Eltern,
wir haben einen kleinen Kindergarten und sind es – wie viele Kolleginnen und Kollegen – gewohnt, Verantwortung zu übernehmen und vieles gleichzeitig auf die Reihe zu bekommen: die Arbeit am Kind, Hausmeistertätigkeiten, Pädagogik, Personaleinsatz, Elternarbeit und Qualitätsentwicklung. Management eben. Jetzt sind wir Erzieherinnen vor allem als Krisenmanagerinnen gefordert und es ist ernster denn je. Die Bedingungen sind denkbar ungünstig: Man wartet ständig auf neue Verordnungen und wenn sie dann kommen, weiß man nicht, wie man sie umsetzen soll. Die Situation ist für alle neu: kein Träger kann Lösungen aus dem Hut zaubern, die Zeitspannen zwischen der Verkündigung neuer Regelungen und deren Umsetzungsvorgaben sind lang. Die üblichen Anlässe des Austauschs wie Vorstandssitzungen, Leitungstreffen und Treffen mit Vertretern der Kommune, dem KVJS, finden seit Wochen nicht mehr statt. Alle spekulieren, wollen was gehört haben und fragen: Wie macht ihr das?
Alle Bedürfnisse unter einen Hut zu kriegen, ist schwierig: Wir wissen um die Kinder, die seit Wochen zu Hause isoliert sind. Da sind Eltern, die dringend entlastet werden müssen. Und die Wirtschaft ruft nach Öffnung. Eine Zeitlang war die Sache klar: Schulen, Kitas, Geschäfte wurden mit nur minimalen Ausnahmen überall geschlossen. Das war einzusehen und da alle das Gleiche erlebten, gab es eine große Welle der Solidarität. Nun, mit den vielen föderalen Entscheidungen, ist die Sache nicht mehr so klar. In der Verordnung zum Beispiel des baden-württembergischen Kultusministeriums heißt es einerseits, dass die Kitas geschlossen bleiben. Im Folgesatz ist dann zu lesen: die Notbetreuung wird ausgeweitet. Verschiedene Phasen der Öffnung sind angedacht, zunächst die Erweiterung der Kinder mit besonderem Förderbedarf und die Vorschulkinder. Leider gibt es noch keine verbindlichen Aussagen für Baden-Württemberg. Diese sollen heute entschieden werden und sobald etwas verbindlich ist, werden wir euch umgehend informieren. Und natürlich werden wir versuchen die Erwartungen zu erfüllen unter den Richtlinien, die uns vorgegeben werden. Gleichzeitig haben wir aber auch eine eigene, pädagogische Haltung und verstehen unser Rumpelstilzchen weniger als Dienstleistungsunternehmen, denn als einen Ort von Beziehungen, Begegnungen und Gemeinschaft. Für uns ist die Kita ein Lebensraum für Kinder, in dem sie selbstwirksam tätig sind.
Unsere Haltung aber sollte klar sein. Wir machen das Beste aus der Situation und handeln im Sinne der Kinder: Was brauchen sie in dieser Situation? Wie wollen wir ihnen begegnen, wenn sie nach so langer Zeit wieder in die Kita kommen? Welche Gesprächsangebote machen wir den Kindern? Wie stellen wir die Gruppen zusammen, damit Freunde zueinander finden? Einmal mehr ist der Blick auf die Kinder das Wichtigste. Der Bildungsplan sollte in den kommenden Wochen nicht Priorität haben, sondern der empathische, solidarische und kreative Umgang mit dieser Ausnahmesituation. Darin steckt – immerhin – auch eine Chance: die Situation kann die Resilienz und die Sozialkompetenzen der Kinder stärken. Mit Solidarität und Rücksichtnahme die Widrigkeiten der Situation zu meistern, vermittelt ein neues Gefühl und führt zu Erfahrungen, die unser wohlgemeintes Bildungsangebot sonst nicht bietet. Es gibt derzeit keine Alternative – zumindest keine, über die wir entscheiden können. Aber – „Wir schaffen das!“
Diese Pandemie hat keine Vorbilder – wir können alle nur versuchen mit Ruhe und viel Emphatie den Änderungen, die in der nächsten Zeit noch anstehen, zu begegnen.
Herzliche Grüße
Michi, Jule, Julia und Anne
P.S. Um die Zeit bis zu den verbindlichen neuen Vorgaben zu überbrücken findet ihr hier unseren neuen Newsletter und neue Videos: „Karl der Waldtroll“ Folge 2 und „Digitaler Stuhlkreis#3„. Und zum Mitsingen findet ihr hier die Liedtexte.