Brief an Kultusministerin Susanne Eisenmann

Sehr geehrte Frau Ministerin Eisenmann,

die vergangenen Wochen sind an keinem von uns spurlos vorüber gegangen und viele sind in ihrer eigenen Welt an den Grenzen dessen, was sie tragen möchten oder können. Viele werden ungeduldig und jeder will, dass das alles endlich ein Ende nimmt……

Die Entscheidungsträger sind in dieser Zeit besonders belastet, da es nicht möglich ist individuelle Bedürfnisse zu berücksichtigen, sondern das Wohl und die Gesundheit aller über die eigenen Befindlichkeiten gestellt werden muss.

Zu diesen Entscheidungsträgern gehören auch Sie. Und das ist zweifelsohne eine schwierige Aufgabe, die es zu bewältigen gilt. Und natürlich ist es auch Ihnen nicht möglich alle individuellen Rahmenbedingungen der Kindertageseinrichtungen vor Ort zu kennen und beachten zu können. Deshalb haben Sie in Ihrer Pressemitteilung am 06.05.2020 angekündigt, dass sich das Land schrittweise in Richtung eines eingeschränkten Regelbetriebs der Kindertageseinrichtungen öffnen wird und dass Sie den Trägern Spielräume vor Ort lassen wollen, damit sie im Rahmen ihrer räumlichen und personellen Kapazitäten individuelle Lösungen finden können -“zum Beispiel durch ein rollierendes System, das ermöglicht, dass Kinder in festen Gruppen abwechselnd an einzelnen Wochentagen in die Kita kommen können.“

Wir sind eine kleine Kita in freier Trägerschaft mit 18 Kindern in VÖ Betreuung. Die private Elterninitiative „Rumpelstilzchen“ wird durch einen, aus der Elternschaft gewählten, Vorstand vertreten. Wir, das pädagogische Personal des Kindergartens, stehen im engen Austausch mit den Eltern und suchen gemeinsam nach Lösungen für diese ungewöhnliche Zeit – natürlich im Rahmen der vorgegebenen Verordnungen.

Nach Ihren Ankündigungen haben wir uns mit dem „rollierenden System“ beschäftigt und eine Lösung gefunden, wie wieder alle Kinder an einzelnen Tagen in den Kindergarten kommen können. Die am 16.5.2020 veröffentlichten “Gemeinsamen Orientierungshinweise für die weitere Öffnung der Kitas” der Kommunalen Landesverbände und der kirchlichen Trägerverbände haben uns in unserer Planung bestätigt und wir konnten den Eltern voller Freude mitteilen: „Nächste Woche geht es los!“

Die Information des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes, die uns am 20.05.2020 erreichte löste ungläubiges Erstaunen aus: „Entgegen den mehrfachen Ankündigungen der Kultusministerin ist ein rollierendes System in der Notbetreuung nicht durch die neue Verordnung gedeckt.“

Und nun? Wir mussten zurückrudern und können seither nur 50 % der Kinder eine Betreuung anbieten. Die Eltern der Kinder aus der anderen Kleingruppe wurden darüber informiert und waren ebenso vor den Kopf gestoßen, wie auch wir Erzieher.

Damit sind wir kein Einzelfall – unzählige Einrichtungen stehen vor dem gleichen Problem. Denn – was passiert nun? Der ohnehin schon große Druck und Wunsch nach Öffnung der Kindergärten ist jetzt noch höher. Die bestehenden Unzufriedenheiten sind größer als zuvor und es ist schwer die Gemüter zu beruhigen.

Diese Situation hat uns dazu veranlasst uns heute direkt an Sie zu wenden.

Bitte treten Sie mit den Verantwortlichen in Kontakt, die diese Bestimmungen umsetzen müssen, bevor Sie etwas versprechen! Legen Sie einen klaren Rahmen fest und kommunizieren Sie diesen auch entsprechend.

Diese Situation ist noch nicht geklärt und schon reden Sie in der Presse von einer vollständigen Öffnung der Kindertagesstätten. Aber keiner weiß zu welchen Bedingungen. Mit welchen Vorgaben wird dies einher gehen? Wie sollen Einrichtungen das umsetzen, die derzeit nur 50% des Personals einsatzbereit haben?

In der Bevölkerung kommt lediglich an – Kitas machen wieder auf! Wenn die Einrichtungen vor Ort das aber nicht umsetzen können, wird es zu erneutem Unmut kommen. Und die Folgen daraus sind neben vielen Gesprächen, Auseinandersetzungen, Klärungen auch Vertrauensverlust – Vertrauensverlust unter den Eltern weil die Situation zwischen den Eltern der betreuten Kinder und der nicht betreuten Kinder angespannt ist und Vertrauensverlust unter den Eltern-Team-Träger Konstellationen. Das wirkt sich sicher nicht günstig auf die weitere Arbeit aus, in der doch für alle das Ziel sein sollte, den Kindern wieder einen liebevollen und vertrauensvollen Wiedereinstieg in den Kindergarten zu ermöglichen.

Wir können verstehen, dass es derzeit unglaublich schwierig ist Entscheidungen zu treffen und nicht alle zufriedengestellt werden können. Gleichzeitig sind wir überzeugt, dass wir durch ein helfendes und förderliches Miteinander und einem Umgang, der von Wertschätzung geprägt ist, alle gestärkt aus dieser Krise hervorgehen.

Wir danken Ihnen dafür, dass Sie bereit sind so viel Verantwortung zu tragen und wünschen Ihnen viel Durchhaltevermögen und Besonnenheit.

Das Team des Kindergartens „Rumpelstilzchen“